Sonntag, 26. August 2012

Wer?

Unfassbar und doch zugegen,
führt sie Dinge an ihr Ziel.
Sie bringt Nebel, Wolken, Regen,
spielt mit uns ihr stummes Spiel.

Keiner kann dem Sog entgehen,
wenn sie uns nach vorne treibt.
Sie verschließt sich dem Verstehen,
doch ist klar: ihr Wirken bleibt.

In ihr dürfen wir verweilen,
bis sie uns aus sich entlässt.
Sie trägt Wort um Wort und Zeilen,
trägt das All und allen Rest.

Was sie ist, mag keiner deuten,
wie sie wirkt, ist unbekannt.
Sie verdreht den Kopf von Leuten,
denen ihr Geheimnis schwant.

In ihr gibt es zwar Gedeihen,
doch nur kurz, dann schlägt sie zu.
Dafür lehrt sie uns Verzeihen,
schenkt uns Reue, schenkt uns Ruh‘.

Oben, unten, vorwärts, rückwärts
und doch stets geradeaus,
durch Behagen, Glück und Weltschmerz,
führt sie uns ins letzte Aus.

Eines Tages mag sie enden,
niemand weiß das so genau.
Keiner kann ihr Wesen wenden,
sie verdampft wie Morgentau.

Donnerstag, 5. Juli 2012

Verwandle dich in Klänge


Verwandle dich in Klänge,
fließ in Tönen durch den Raum!
Dann kennst du keine Enge
und erlebst manch schönen Traum.

Durchbreche Dimensionen,
schick Gedanken durch die Zeit!
Durchwate Illusionen,
fühl dich stets zum Glück bereit!

Beachte keine Grenzen,
reiße nieder, was bedrückt!
Genieß das blinde Tänzeln,
hält man dich auch für verrückt!

Die Welt will dich gern zähmen,
bleib ein stiller Vagabund!
Das Zahme kann nur lähmen,
bleibst du wild, so bleibst du bunt.

Musik soll dich verführen,
dann sprich Worte voller Macht!
Du sollst die Menschen rühren,
mit Bedacht, ja, mit Bedacht!

Find unter den Vertrauten
jene stille Harmonie,
die Dichter stets durchschauten,
mancher Dummkopf aber nie!

Willst du all dies beachten,
weicht die Welt vor dir zurück -
Kannst Einflüsse entmachten,
baust den Stern, der dich beglückt.

Donnerstag, 28. Juni 2012

Wandern ohne Ziel


Du gehst auf einem Trampelpfad
Verborgen durch dein Leben.
Die großen Straßen sind dir fad,
Die unter Massen beben.
          Am Wegesrand, die Blume da,
          Sie lächelt still und steht dir nah,
    Du gehst vorbei, schickst einen Gruß,
    Kein Weg zurück, kein trauter Kuss,
Nun gut, es ist wohl wahr - so bist du eben.

Ein Schmetterling umkreist dich,
Funkelnd blau schimmern die Flügel,
Du fängst ihn, unverzeihlich! -
Lässt ihn frei auf einem Hügel.
          Nun klebt an deinen Händen Staub,
          Dein Fang war ein gemeiner Raub,
    Zieh weiter, doch sei dir gewiss,
    Dass dir dein Schicksal nie vergisst,
Wie du aus Habier raubtest, ungezügelt.

Die Sonne wärmt dein Angesicht,
Trotz einsamster Gedanken.
Sie gibt der Hoffnung neues Licht,
Lässt deine Trübsal schwanken.
           Am Wegesrand, die Blume da,
           Sie lächelt noch und steht dir nah,
    Du gingst im Kreise, kamst zurück,
    Nun fehlt nur noch ein kleines Stück,
Dann darfst du deinem Glücksstern doch noch danken...

Mittwoch, 27. Juni 2012

Einsam


Einsam kannst du unter tausend Menschen sein,
selbst wenn sie voll Leidenschaft erzählen.
Wer Gedanken teilt, ist jedoch nie allein.
Denn wer etwas teilt, kann daraus wählen.

Manchmal bin ich einsam, weil ich mutlos bin,
dann zerreißen Bande steter Freundschaft.
Schon zermürb’ ich mir den Kopf um Ziel und Sinn,
werde melancholisch – ach, wie lachhaft!

Wäre ich ein Mensch, geschmeidig, wie vom Band,
käme mir die Einsamkeit vulgär vor.
Doch ich stehe außen, am entfernten Rand,
abseits vom Gerangel im „Mach-Mit-Chor“. 

Selten war ein Mensch mir jemals gleichgesinnt,
selten sah ich mein Gesicht im Andern.
Wer der Fantasie nicht mühelos entrinnt,
den zwingt sein Verstand zum steten Wandern.

Lösche ich mein Sehnen nach der Tiefe aus,
mag ich meiner Einsamkeit wohl trotzen.
Komm’ jedoch als schwach beseelter Mensch heraus,
ohne eignen Stamm und eigne Wurzeln.

Der Sandkastenpoet


Vor dem Haus des Versedichters
prangt, was einst des Kindes war:
Ein mit Sand gefüllter Kasten,
liegt verwaist und nutzlos da.
Regen melioriert die Erde,
Regen fließt durch Kies und Sand,
wie die Form wohl morgen werde,
fragt des Dichters kühne Hand.

Mit erfahrnen Künstlerfingern
schreibt er seinen Vers hinein.
Wort für Wort wird sich verringern,
schlagen wieder Blitze ein.
Kannst darin die Zukunft lesen -
je nachdem, was übrig bleibt.
Kein Wort ist umsonst gewesen,
wenn’s den Schreiber vorwärts treibt.

Glaub an die Magie der Worte,
finde dich im ersten Buch.
Dein I-Ging bezwingt die Pforte,
die uns ausgrenzt wie ein Fluch.
Auch im Sand liegt ein Orakel,
wenn man weiß, worin und wie.
Andernfalls droht ein Debakel,
dann zerbricht die Harmonie.

Dienstag, 26. Juni 2012

Gegen den Strom der Zeit


Du treibst wie ein Stück Holz im Meer,
         im Meer der Illusionen.
Vernunft hat stets dein Glück vermehrt,
Drum bleibst du in dich selbst gekehrt
         und möchtest einsam wohnen.

Ein Ruf aus dem Gewann der Zeit
         erschütterte dein Leben.
Du fühltest dich zunächst bereit,
Doch dann kam die Gelegenheit,
         dem Ruf nicht nachzugeben.

Weil dich dein Stolz gefangen hielt,
         begannst du schnell zu schwimmen.
Das Meer hat dich zum Strand gespült,
Dort hast du dich nicht wohl gefühlt,
         der Sand begann zu glimmen.

Du blicktest in dein trautes Meer,
         dein Meer der Illusionen.
Das mahnte dich zur Gegenwehr,
Du fürchtetest das Ungefähr,
         gedachtest, dich zu schonen.
        
Nun schwimmst du aus dem Strom der Zeit
         der fernen Nacht entgegen.
Sie drängt dich aus der Einsamkeit,
Zurück in die Vergangenheit,
         daran ist ihr gelegen…