Donnerstag, 28. Juni 2012

Wandern ohne Ziel


Du gehst auf einem Trampelpfad
Verborgen durch dein Leben.
Die großen Straßen sind dir fad,
Die unter Massen beben.
          Am Wegesrand, die Blume da,
          Sie lächelt still und steht dir nah,
    Du gehst vorbei, schickst einen Gruß,
    Kein Weg zurück, kein trauter Kuss,
Nun gut, es ist wohl wahr - so bist du eben.

Ein Schmetterling umkreist dich,
Funkelnd blau schimmern die Flügel,
Du fängst ihn, unverzeihlich! -
Lässt ihn frei auf einem Hügel.
          Nun klebt an deinen Händen Staub,
          Dein Fang war ein gemeiner Raub,
    Zieh weiter, doch sei dir gewiss,
    Dass dir dein Schicksal nie vergisst,
Wie du aus Habier raubtest, ungezügelt.

Die Sonne wärmt dein Angesicht,
Trotz einsamster Gedanken.
Sie gibt der Hoffnung neues Licht,
Lässt deine Trübsal schwanken.
           Am Wegesrand, die Blume da,
           Sie lächelt noch und steht dir nah,
    Du gingst im Kreise, kamst zurück,
    Nun fehlt nur noch ein kleines Stück,
Dann darfst du deinem Glücksstern doch noch danken...

Mittwoch, 27. Juni 2012

Einsam


Einsam kannst du unter tausend Menschen sein,
selbst wenn sie voll Leidenschaft erzählen.
Wer Gedanken teilt, ist jedoch nie allein.
Denn wer etwas teilt, kann daraus wählen.

Manchmal bin ich einsam, weil ich mutlos bin,
dann zerreißen Bande steter Freundschaft.
Schon zermürb’ ich mir den Kopf um Ziel und Sinn,
werde melancholisch – ach, wie lachhaft!

Wäre ich ein Mensch, geschmeidig, wie vom Band,
käme mir die Einsamkeit vulgär vor.
Doch ich stehe außen, am entfernten Rand,
abseits vom Gerangel im „Mach-Mit-Chor“. 

Selten war ein Mensch mir jemals gleichgesinnt,
selten sah ich mein Gesicht im Andern.
Wer der Fantasie nicht mühelos entrinnt,
den zwingt sein Verstand zum steten Wandern.

Lösche ich mein Sehnen nach der Tiefe aus,
mag ich meiner Einsamkeit wohl trotzen.
Komm’ jedoch als schwach beseelter Mensch heraus,
ohne eignen Stamm und eigne Wurzeln.

Der Sandkastenpoet


Vor dem Haus des Versedichters
prangt, was einst des Kindes war:
Ein mit Sand gefüllter Kasten,
liegt verwaist und nutzlos da.
Regen melioriert die Erde,
Regen fließt durch Kies und Sand,
wie die Form wohl morgen werde,
fragt des Dichters kühne Hand.

Mit erfahrnen Künstlerfingern
schreibt er seinen Vers hinein.
Wort für Wort wird sich verringern,
schlagen wieder Blitze ein.
Kannst darin die Zukunft lesen -
je nachdem, was übrig bleibt.
Kein Wort ist umsonst gewesen,
wenn’s den Schreiber vorwärts treibt.

Glaub an die Magie der Worte,
finde dich im ersten Buch.
Dein I-Ging bezwingt die Pforte,
die uns ausgrenzt wie ein Fluch.
Auch im Sand liegt ein Orakel,
wenn man weiß, worin und wie.
Andernfalls droht ein Debakel,
dann zerbricht die Harmonie.

Dienstag, 26. Juni 2012

Gegen den Strom der Zeit


Du treibst wie ein Stück Holz im Meer,
         im Meer der Illusionen.
Vernunft hat stets dein Glück vermehrt,
Drum bleibst du in dich selbst gekehrt
         und möchtest einsam wohnen.

Ein Ruf aus dem Gewann der Zeit
         erschütterte dein Leben.
Du fühltest dich zunächst bereit,
Doch dann kam die Gelegenheit,
         dem Ruf nicht nachzugeben.

Weil dich dein Stolz gefangen hielt,
         begannst du schnell zu schwimmen.
Das Meer hat dich zum Strand gespült,
Dort hast du dich nicht wohl gefühlt,
         der Sand begann zu glimmen.

Du blicktest in dein trautes Meer,
         dein Meer der Illusionen.
Das mahnte dich zur Gegenwehr,
Du fürchtetest das Ungefähr,
         gedachtest, dich zu schonen.
        
Nun schwimmst du aus dem Strom der Zeit
         der fernen Nacht entgegen.
Sie drängt dich aus der Einsamkeit,
Zurück in die Vergangenheit,
         daran ist ihr gelegen…

Stille


Wir kommen aus der unendlichen Stille
Und schreien uns in diese Welt hinein.
Den ersten Schrei gebietet unser Wille,
Besagt er doch: „Lasst mich hier nie allein!“

Fortan beherrschen Klänge unser Leben
Und um uns brandet hektisches Geschrei.
Der Weise möcht’ dem Trubel gern entschweben,
Er wünscht sich von der Last des Schreiens frei.

Wo Ruhe einkehrt, fühlt sich mancher einsam,
Doch Ruhe macht nicht einsam, sie gibt Kraft.
Das haben alle Schweigenden gemeinsam:
Sie wissen, dass auch Ruhe Großes schafft.

Ein jeder sieht die Welt durch seine Brille
Und mancher sucht im größten Lärm sein Glück.
Doch unser Weg führt wieder in die Stille
Und einst vielleicht sogar von dort zurück. 

Montag, 25. Juni 2012

Grenzgänger


Wo andere vor sich erschrecken,
Wo Schuldgefühle Reue wecken,
Da blicke ich gelassen hin.
Ich will mir neue Brücken bauen,
Will Lebensfarben mir erschauen,
Vielleicht, weil ich ein Dichter bin.

Zuweilen durchwandle ich finstere Täler,
Verstümmle mich selbst, bin mein eigener Quäler,
Und treibe im Gegenstrom sachte ins Nichts.
Die Schafe um mich, grasen freundlich durch Heiden,
Ich seh’, wie sie sorgsam den Blick zu mir meiden,
Weil’s ihnen am Mut zur Erkenntnis gebricht.

Wo andere sich sicher wähnen,
Da übermannen mich die Tränen,
Und ich begreif den Tod in mir.
Das Schaf dagegen meint zu leben
Und überhebt sein träges Streben,
Als bliebe es für ewig hier.

Als Grenzgänger plagen mich tausend Gedanken,
Sie bringen die Plattform des Lebens ins Schwanken,
Sie stimmen mal freundlich und treffen mal hart.
Doch wehe, ich würde die Grenzgänge meiden,
Was bliebe mir da, als den Tag zu durchleiden,
Bis schließlich auch mich einst der letzte Ruf narrt.  

Wo andere vor sich erschrecken,
Wo Schuldgefühle Reue wecken,
Da blicke ich gelassen hin.
Ich will mir neue Brücken bauen,
Will Lebensfarben mir erschauen,
Vielleicht, weil ich ein Dichter bin.